Eine Grenzwanderung

Schrattenberg, Weinviertel, Niederösterreich

Schrattenberg liegt im Weinviertel und grenzt direkt an die tschechische Grenze, deshalb haben wir erstmals seit Beginn der Pandemie unsere Reisepässe entstaubt und an die frische Luft mitgenommen. Sicher ist sicher, immerhin werden wir endlich wieder einmal Österreich, wenn auch nur kurzfristig, verlassen.

Es liegen noch etliche Jahre vor uns, bis es heißt: "Pensionsantritt ab heute!" Dennoch begrüßt uns Frau Zesch von den Nö's Senioren am Rathausplatz in Schrattenberg aufs allerherzlichste. Sofort haben wir das Gefühl, hier absolut willkommen zu sein.

Es ist die 2. Wanderwoche der Nö's Senioren. In dieser Woche werden insgesamt 4 Touren mit unterschiedlichen Längen und in je einem Niederösterreichischen Viertel angeboten. Leider haben wir nur heute Zeit, deshalb folgen wir dem Barfußweg in Schrattenberg. Frau Zesch und ihr Team empfangen freundlich die wanderlustigen Gäste, statten jeden, nach offizieller Registrierung, mit Wanderkarte, Wandernadel und ganz süßen, selbstgemachten Lebkuchenfüßchen aus. Eine so niedliche Idee. Dazu gibt es noch ein paar gute Tipps und Hinweise. Und schon folgen wir den Füßchen am Boden bis zur Berti-Hütte, wo der Barfußweg offiziell beginnt.

Traumhafte Ausblicke in die leicht herbstlich gefärbte Landschaft begleiten uns, wenn auch der Nebel sich heute nicht ganz verziehen möchte. Entlang des Weges gibt es unterschiedliche Stationen, die zum Mitmachen oder Entspannen einladen.

Und dann stehen wir schon an der Grenze. Noch ein Schritt und wir atmen endlich wieder ausländische Luft. Ein unbeschreibliches Gefühl nach der langen Abwesenheit. Klingt komisch, ist aber so. Und die Weintrauben wirken auch gleich ganz anders auf uns.

Kindisch? Sicher doch! Aber das macht Spaß. Wir hören wieder ausländische Wörter. Ok, in Wien hören wir die täglich, jedoch sind wir die Einheimischen unter den Ausländern, nun sind wir die Ausländer unter den Einheimischen. Durch ein kleines Wäldchen führt der Weg zur Reisten Kolonnade.

Oh, sind wir in Wien? Ich reibe mir die Augen. Stehe ich jetzt hoch über dem Schloss Schönbrunn? Die Reistna Kolonnade, wird behauptet, soll tatsächlich unsere Gloriette in 10-facher Verkleinerung sein. Mir ist es egal, ich will einfach nur noch auf die Aussichtsplattform, die heute gegen eine kleine Gebühr erklommen werden kann. Oben angekommen eröffnet sich ein traumhafter Ausblick auf Valtice, den größten mährischen Teich Nesyt, den kleinen Karpaten in der Slowakei, an die Grenze nach Mikulov und wenn das Wetter noch klarer wäre, dann sogar bis zum Minarett im Schlosspark Lednice, der Burgruine Falkenstein und der Burgruine Devicky. Es ist so traumhaft schön hier oben, ich kann es gar nicht in Worte fassen.

Erst nach etlicher Zeit reißen wir uns wieder los und steigen die Wendeltreppe hinab. Mich dreht es, daher besorgt mein "Chef" im Souvenirladen zwei kleine Fläschchen tschechischen Weins. Er meint, dann dreht es mich in die andere Richtung und somit gehe ich wieder gerade aus. Ok, die Männerlogik lassen wir jetzt mal beiseite, aber die kleine Pause unter den drei Eichen mit Blick auf die Kolonnade auf fremdem Staatsgebiet tut richtig gut.

Einen Besuch des "Museums des Eisernen Vorhanges" lassen wir aufgrund der Dramatik aus. Wegen der aktuellen Situation rund um uns, möchte ich mich derzeit lieber mit schönen, spaßigen und abwechslungsreichen Dingen beschäftigen. Wobei wir erfahren haben, dass das Museum sehr interessant ist. Glaube ich gerne, aber bitte nicht heute.

Nach einer gemütlichen Pause geht es zwischen Weingärten zurück nach Österreich, wo wir den Aussichtspunkt "Dreiländerblick" mit Grillplatz, Rastmöglichkeit, Fühlstrecken und einer Aussichtsplattform erreichen. Unglaublich die Schönheit der Landschaft der drei Länder Österreich, Tschechien und Slowakei auf sich wirken zu lassen. Ich merke, wie sich unsere großstadtgeplagten Gemüter neu laden und diese unendliche Weite, Freiheit und den Frieden mit Gier in sich aufsaugen.

Am liebsten würde ich hier noch eine Pause einlegen, jedoch haben wir heute einen Termin in Wien und müssen an den Rückweg denken. Wir passieren weitere Stationen und erreichen das Druidentor. Die alten Kelten teilten das Jahr in 21 Baumzeiten ein. Jeder Baum wirkt zu einer ganz bestimmten Zeit und hat seinen eigenen Charakter. Dem Baumhoroskop sind wir schon in Pyhra begegnet.

Langsam geht es zurück zur Berti-Hütte und dem Berti-Park, wo wir noch ein Getränk erstehen. Wir erleichtern uns im "Nachtscherm" und folgen dem Zubringerweg zurück zum Ausgangspunkt. Es war ein herrlicher Tag in einer unglaublich entspannenden Gegend mit einem kleinen Ausflug über die Grenze. Wir kommen ganz sicher wieder. Dann nehmen wir jedoch viel mehr Zeit mit. Versprochen.

Strecke lt. Internet/unserem KM-Messgerät: 4,5 (ab-bis Berti-Hütte)/7,23 km (inklusive Zubringerweg Gemeindeamt - Berti-Hütte und retour, sowie auf die Reistenkolonnade (Kolonáda Reistna).

Höhenmeter: ca. 90

Start und Ziel: Rathaus, Hauptstraße oder in Höhe Gasthaus Zesch, der Kirche oder irgendwo in Schrattenberg

Unsere Dauer - inklusive Fotos, Auf- und Abgang auf die Reistenkolonnade (Kolonáda Reistna), Weinpause: 2,5 Stunden (wir waren wie schon erwähnt heute leider etwas im Zeitstreß, da wir absolut nicht so viel Erlebenswertes erwartet haben, daher bitte unbedingt mehr Zeit mitbringen)

Kleiner Tipp aus Sicht der Großstadtwanderer: Ab der Berti-Hütte ausgeschildert, unterschiedliche Stationen laden zum Mitmachen und Verweilen ein. Der ganze Rundweg kann barfuß begangen werden. Bei der Berti-Hütte nur eine Handvoll Parkplätze. Öffnungszeiten der Reistenkolonnade sowie der Berti-Hütte vorab erfragen. Gewartet wird der Weg von Mai-Oktober.

Für Gruppen gibt es unterschiedliche Angebote wie Traktorrundfahrten, Führungen, Kulinarische Pausen, Kinderrätselrallye, geführte Wanderungen, Weinverkostung, Besuch einer Schaumühle und mehr - Infos bei unserem Partner CÄSAR-Bus.

Unsere allgemeinen Wandertipps: Großstadtwanderer

Fotos von Fotografin Renate

Transparenz

Wien, 10.10.2021