Zum einsamen Baum
Scheibbs, Mostviertel, Niederösterreich
Eigentlich soll man jeden Tag eine gute Tat tun und so haben wir uns heute vorgenommen, den einsamen Baum zu besuchen und mit ihm etwas zu plaudern.
Los geht es am Rathausplatz. Heute ist Feiertag, also darf ich auch stehen bleiben. Wir bestaunen das 120 * 150 cm große Wappenbild aus 25 Keramikplatten über unseren Köpfen am Rathaus. Durchqueren die schmale Rathausgasse und kommen zum Gürtel, der uns Wienern ein Schmunzeln entlockt. Kurz darauf, in der Berggasse vergeht uns das Lächeln, denn wir sind froh, überhaupt noch Luft zu bekommen. Wir schleppen unsere Großstadtkörper über die Steigung durch die Siedlung Richtung Aussichtspunkt.
Wahnsinnig schön präsentiert sich das Mostviertel und Scheibbs liegt uns bereits zu Füßen. Wir Wiener kennen Scheibbs meist von der Konditorei, die auf Messen und Märkten u.a. die "Scheibbser Kugel" feilbietet. Und diese Kalorien kann ich jetzt gleich abtrainieren, denn es geht weiter bergauf Richtung Gining und zum Bauernhof Pastelöd. Über unseren Köpfen thront die Urlingerwarte am 844 m hohen Blassenstein, dem Hausberg der Scheibbser.
Nach Pastelöd geht es endlich mal ein Stück bergab. Vom blitzblauen Himmel strahlt die Sonne, kaum zu glauben, dass wir bereits kurz vor dem 3. Advent stehen. Mit Hilfe von Einheimischen umrunden wir ein Bauernhaus und folgen einem Forstweg bis zum "einsamen Baum".
Ich bin ganz begeistert, er hat sich tatsächlich ein wunderschönes Plätzchen ausgesucht. Traumhafte Fernblicke im 360 ° Modus. Wir erzählen ihm ein paar Geschichten aus Wien, bis weitere Wanderer unter der ausladenden Krone Platz nehmen. Also ganz ehrlich, so einsam kann er gar nicht sein, denn wir begegnen bei der Runde genügend Wanderern. Nur niemand kann uns sagen, woher der Begriff "einsamer Baum" stammt.
Wir nehmen ein Stück weiter auf einer Bank Platz und trinken genüsslich unseren Tee in der frühen Nachmittagssonne. Herrlich ruhig ist es hier. Die würzige Bergluft kitzelt in der Nase. Am liebsten würde ich hier sitzen bleiben, doch irgendwann ziehen wir weiter. Ab nun führt der Weg durch ein kurzes Waldstück, über freie Fläche bis wieder zu einem Bauernhaus, bei dem es links zurück nach Scheibbs geht.
Ein Stück begleiten uns zwei Einheimische, "Achja, den einsamen Baum," den kennen sie. Für sie ist es einfach ein netter Spaziergang. Kurz mal raus aus Scheibbs. Aber wieso er so heißt, wissen sie auch nicht. Er gilt eben als Wahrzeichen, der gerne und auf unterschiedlichsten Wegen besucht wird. Wir gehen bergab, gefühlt endlos bergab. Von weit her grüßt der Ötscher durch den Nebel.
Kommen bei einer Mostschank vorbei, leider heute nur für eine geschlossene Gesellschaft geöffnet und durchstreifen ein Siedlungsgebiet. Unsere Wanderbegleiter zweigen ab, wir gehen gerade weiter und kommen wieder zum Rathausplatz.
Strecke lt. Angabe: rd. 7,10 Km
Höhenmeter lt. Angabe: rd. 192
Tourbeschreibung lt. Angabe: leicht, wobei es eben nur die Steigung bis Pastelöd ist, die uns Großstadtwanderer ins Schwitzen bringt. Rest ist wirklich leicht
Start und Ziel: Rathausplatz Scheibbs
Anreise: PKW-Parkplätze vorhanden, Achtung wegen Kurzparkzone (ist zwar kostenlos, aber mit Parkuhr nur 2 Stunden gestattet), es gibt aber auch freie, sogenannte Dauerparkplätze. Bahnhof rund 300 m entfernt.
Unsere Dauer inkl. Fotos und einer Teepause: rund 2 ¾ Stunden.
Wichtiges: Großstadtwanderer
Zusätzliche Hinweise aus unserer Sicht und lt. unserer Erfahrung am Tag unserer Wanderung:
- Rundtour eigentlich gar nicht beschildert. Wir haben uns an die Wanderroutenempfehlung vom Mostviertel-Tourismus gehalten und uns etwas bei Einheimischen durchgefragt. Schlussendlich nehmen wir an, dass die Route die blau-weiß-blau markierte Tour ungefähr sein könnte.
- Bei Bedarf Verpflegung mitnehmen, vereinzelt Rastmöglichkeiten gefunden.
- Am Rathausplatz gibt es eine öffentliche WC-Anlage - am Tag unserer Wanderung kostenlos.
Wanderung: 210 seit 29.08.2020
Unsere allgemeinen Wandertipps: Großstadtwanderer
Fotos von Fotografin Renate
Wien, 08.12.2022