Gedankenspiele
Heute ist Montag. Allerseelentag. Wir erinnern uns an die Verstorbenen, also eigentlich an alle jene, die schon irgendwo als Geist umherirren und nicht ohnehin ständig in unseren Herzen wohnen. Ist ja wie Muttertag, eigentlich sollten wir jeden Tag unsere Mütter ehren und nicht nur an einem Tag im Jahr. Oder auch Vatertag, damit sich die Herren der Schöpfung jetzt nicht vernachlässigt fühlen.
Und dann gibt es Tage, die gibt es eben nur einmal im Jahr. Wie Geburtstag, Kennenlerntag, Hochzeitstag und so weiter. Und eben heute. Den 02.11.2020, den Tag, des um Mitternacht beginnenden zweiten Lockdowns in Österreich.
Den ersten Lockdown im Frühjahr haben wir mittlerweile so einigermaßen verdrängt. Vergessen die Zeit, wo wir brav und artig in den 4-Wänden hockten und auf das Ende von Corona warteten. Dann kamen die ersten Öffnungen, die Erleichterungen, der abgespeckte Sommerurlaub, die Feiern und wieder die erhöhten Corona-Zahlen.
COVID-19 war wieder allgegenwärtig. Bis heute. Heute um Mitternacht geht es wieder los. Dennoch ist einiges anders, als im Frühjahr. Nachdem sich die Regeln mittlerweile schon fast stündlich ändern, gehe ich hier mal nicht näher drauf ein.
Tja, und wir stehen wieder am Herd. Viele erinnern sich an mein Krisenkochbuch vom Frühjahr, als wir gemeinsam das Kochen lernten, unsere Fähigkeiten ausbauten und unsere Geschichten täglich heiß ersehnt wurden. Heute fragen schon vereinzelt Leser/innen von damals an, ob es denn jetzt eine Fortsetzung gäbe.
Ich weiß (noch) nicht. Derzeit muss ich mal meine Gedanken ins geordnete Bahnen leiten, mein Leben auf Reih und Glied bringen und dann sehen wir weiter. Wer dennoch kochen möchte, schmökert einfach in den 150 Rezepten vom Frühjahr.
"Aber lustige Geschichten schreibst du schon, damit es mir gut geht", schreiben mir seit Verkündung der neuen Maßnahmen immer mehr treue Leser/innen von damals.
Tja, Freunde. Das Lustig sein ist so eine Sache. Kann man wirklich lustig sein, wenn die Welt in Scherben liegt, Existenzen zerstört sind, meine Busse von CÄSAR seit März in den Garagen stehen, wir eigentlich arbeiten dürften, aber niemand verreisen will? Wenn wir eigentlich arbeiten dürften, aber unsere Partner wie Hotels und Gastronomie, Museen, Kultur geschlossen werden? Wohin und vor allem mit wem sollen wir hinfahren?
Kann man dann noch lustig sein, wenn man vom Staat keinen Cent Hilfe bekommt, wenn man zum Nichtstun und Abwarten verdonnert wird? Wenn sich nicht mal Kunden nach unserem Befinden erkundigen und Geschäftspartner im "Schweigen der Lämmer-Wald" verharren? Kann man da noch lustig sein? Haben da noch andere Menschen das Recht zu fragen, ob es denn wieder lustige Geschichten zu deren Seelenheil geben wird?
Ist es gerechtfertigt, jemanden, der am Boden liegt nach dessen Lustigkeit zu fragen, damit man selbst auferstehen kann?
Tja, Gedankenspiele, die minütlich durch meinen Kopf schießen. Ob ich über meinen Schatten springen kann und wieder für andere da sein kann? Damals im Frühjahr war es leichter, da hofften wir alle auf ein rasches Ende. Nun stehen vor einem nicht abschätzbaren Ende.
Ich werde mal in meinen Gedanken kramen und die sonnigen Seiten hervorholen. Schauen wir, ob es mir gelingt Licht in den grauen Alltag zu bringen. Vielleicht kann mich ja mal jemand aufbauen? Vielleicht geht es jemanden da draußen so gut, dass er etwas Lebensfreude abgeben kann und mich somit wieder zum Schreiben von lustigen Geschichten anregt?
Schauen wir mal, was heute ab Mitternacht, so in der Geisterstunde, auf uns zu kommt.
Bleibt einfach mal mit mir und uns verbunden!
Eure Renate