Eine Ausstellung, die anders kommt als geplant

Im Jahre 1974 waren es rund 2,6 Millionen Besucher bei der "Wiener Internationale Gartenschau 1974" (WIG74). Heute, 46 Jahre später, ist der Kurpark Oberlaa ein liebgewonnener Rückzugsort aus dem grauen Großstadtalltag.

Bereits seit 1969 gibt es bei den Oberlaaer Schwefelquellen einen Kurbetrieb. Seit der Verlängerung der U1 ist sowohl die Therme, als auch der Kurpark leichter erreichbar.

Vor genau einem Jahr beschlossen eine gute Freundin und ich, dass ich als Fotografin den Kurpark ein Jahr lang begleiten werde und wir im Herbst 2020 eine große Ausstellung darüber planen. Damals konnte niemand ahnen, dass der Herbst 2020 anders, als alle vorangegangenen Herbste wird. Nun, die Ausstellung gibt es. Vorige Woche war große Eröffnung. Viele Gäste sind gekommen. 

Doch ein Wehrmutstropfen bleibt:

Der Ausstellungsort ist die VITALITY RESIDENZ in Oberlaa. Ein wunderschön friedlicher Ort, wo sich die Bewohner/innen geborgen und geschätzt fühlen. Sie können kommen und gehen, wann sie wollen und haben dennoch die Sicherheit jederzeit versorgt zu werden. Die Lage neben dem Kurpark ermöglicht jederzeit einen Spaziergang in herrlicher Natur, einen Gedankenaustausch mit Gleichgesinnten und die Ertüchtigung von Körper und Geist. Am Rande des Parks lädt die Kurkonditorei zur kulinarischen Entspannung ein. Ein Paradies auf Erden für Menschen, die schon viel erlebt haben.

Und so zieht das Jahr 2020 ins Land, ab März beschäftigt die ganze Welt eine um sich greifende Pandemie. Österreich geht monatelang in Lockdown - und auch mir fehlt diese fotografische Zeit in Oberlaa. Dennoch, wir haben genügend Bildmaterial, um unser Vorhaben der Ausstellung durchzuführen.

Herbst 2020 - die Vernissage ist terminlich fixiert. Die Fotos ausgesucht, gedruckt und gerahmt. Alles steht.

Eine Ausstellung, die anders kommt als geplant

Dann die neuerliche Anziehung der Vorsichtsmaßnahmen rund um die weltweit herrschende Pandemie. Und die Türen werden wieder für Außenstehende geschlossen. Es wird eine Ausstellung für die Bewohner/innen. Unser Ziel und Traum, damit die Öffentlichkeit für dieses Fleckerl Wien zu sensibilisieren und Verbündete im Kampf gegen die geplante, umliegende Verbauung zu finden, erstickt unter den Maskenschutzmasken.

Richtig gehört, einer der größten Erholungsorte in Wien, ein Ort des Krafttankens, soll von einem betongrauen Gürtel umschlossen werden. Eine Betonwüste soll auf den Feldern ringsumher aus dem Boden wachsen. Felder, die von den letzten Bauern in der Umgebung bestellt werden und für unser tägliches Brot sorgen, sollen von schweren Bauten niedergemacht werden. "Wohnraum mit Grünraum braucht Wien", schreien die Immobilienhaie. "Grünflächen und Freiraum brauchen die Menschen", die Gegner. Wer hat Recht? Wer hat die besseren Argumente? Wer wird gewinnen?

Die Pandemie hat in Wien viele kleine Wohnungen freigespielt. Brauchen wir gerade jetzt noch mehr Wohnraum? Vor allem Wohnraum, der unsere grüne Lunge der Großstadt zunichtemacht. Entschädigt ein kleines Bäumchen und eine kühlende Wasserfontäne inmitten der Betonwüste das Niederwalzen von alten Baumbeständen, saftigen Wiesen, bunten Blumen? Wohin verschwinden die großen und kleinen Tiere? Versickern die lebensbringenden Teiche des Kurparks in betonierten Tiefgaragen?

Die Schönheit des Parks, seine kleinen und großen Bewohner wollen wir mit der Ausstellung zeigen. Die Wichtigkeit eines grünes Rückzugsortes in der Großstadt wollen wir unterstreichen. Menschen zum Überlegen anregen - eine, sich in die Umgebung ausbreitende oder eine, inmitten einer grauen Großstadtbetonwüste befindliche, grüne Großstadtlunge?

Naturschönheiten auf 30 * 30 zusammengeschnitten

Ich kann euch nicht einladen, die Pandemie lässt keine öffentlichen Besucher zu. Aber ich kann euch jetzt, wo die Vernissage vorbei ist, einen Teil der Fotos zeigen. Ich habe mich bewusst für die moderne, von Instagram gewählte, quadratische Form entschieden. Ich wollte die alte Seele der über 46-jährigen Kurparkgeschichte in die moderne Zeit pressen. Bewusst zeigen, wie es aussieht, wenn der Lebensraum beschnitten wird. Mit den Fotos ist es mir gelungen, war der Tenor der Bewohner/innen. Sie kennen ihren Park besser als jeder andere in Wien. Immerhin wohnen sie Tür an Tür. Es stellt sich nur die Frage, wie lange noch?

Mehr Infos über die geplante Verbauung und den Kampf dagegen bei Initiative Oberlaa.

Wer möchte uns noch einen Raum für die Ausstellung geben? Wer geht mit uns ein Stück des Weges und kämpft mit uns für ein grünes Oberlaa? Es wäre doch schade, wenn in einigen Jahren nichts als meine Fotos an dieses Juwel erinnern.

Übrigens, die Fotos sind auch käuflich erwerbbar.


Unsere allgemeinen Wandertipps: Großstadtwanderer

Fotos von Fotografin Renate. Ich bedanke mich für die gute Zusammenarbeit mit der VITALITY RESIDENZ, Am Kurpark Wien!

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