Buschberg-Runde
Niederleis, Weinviertel, Niederösterreich
"Heute habe ich geträumt, dass wir noch bei einem Gipfelkreuz stehen werden", verkünde ich freudestrahlend beim Frühstück. Mein Chef sieht mich kopfschüttelnd an, "wegen Dir fahre ich heute aber nicht bis in die Alpen!"
Eine knappe Stunde später parken wir unser Auto in Höhe des Kunsthaus "harry" Raab in Niederleis im Weinviertel. Ich habe mich für die Buschberg-Runde entschieden, mal schauen, was mein Chef dazu sagt. Nett die kleine Ortschaft, vorbei am Gasthaus Haselbauer und dem Schloss Niederleis geht es ein Stück entlang der Straße.
In der zweiten Kehre biegen wir in einen kleinen Feldweg, der zum so genannten "Pfaffenbründl" führt. Immer wieder bieten sich herrliche Ausblicke auf die Kellergasse. Ich träume von offenen Heurigen, einer Heurigenplatte mit reschem Gebäck und einem Achtel Rotwein. Irgendwie verlängere ich gerade meine nächtlichen Träume und wandere wie in Trance weiter.
Der Weg ist gemütlich, breit und leicht ansteigend. Obwohl ich heute mit der Steigung auf Kriegsfuß stehe. Verantwortlich ist das Sonne-Wolken-Wetterspielchen, das mich zu Jacke auf - Jacke zu - schwitzen - frieren bringt. Ich übe wohl schon für die kommenden Wechseljahre. Irgendwie grauslich.
Die Natur steckt hier noch in den Kinderschuhen. Nur wenige Frühjahrsblüher erfreuen unser Auge.
Immer näher rückt unser heutiges Ziel, der Buschberg, dessen Name nicht vom heutigen `Busch´ kommt, sondern von althochdeutsch pusk `Beule´. Mit stolzen 491 m ist er die höchste Erhebung im Weinviertel und ein wahres Naturparadies. Im Laubmischwald bietet der Unterwuchs besonderen Raritäten wie den Frauenschuh, dem purpurroten Knabenkraut, dem Waldvöglein und dem Zweiblatt. Sie zählen zu den gefährdeten und geschützten Pflanzenarten unserer Flora.
Am Gipfel stehen Schwarzföhren, die auch die Buschberghütte, die tiefstgelegene Hütte des Alpenvereins, unter ihren Schutz nehmen. Leider ist die Hütte natürlich aufgrund Corona derzeit geschlossen. Es gibt auch kein Take away oder Getränkeautomat. Gut, dass wir alles dabei haben und eine Pause einlegen können.
Apropos Gipfel - direkt auf der höchsten Stelle steht ein Flugsicherungsradar der Austro Control zur Überwachung der Zivilluftfahrt in der Osthälfte Österreichs. Für mich sieht es aus wie ein Fußball auf einem Sockel, aber bitte. Frauen und Technik halt.
Wir ziehen weiter über die alte Wallburg, im Volksmund auch Schwedenschanze genannt. Ein kleiner Treppelweg führt zum Gipfelkreuz.
"Na, da schau her. Sind wir schon in Tirol?", Chef grinst mich an. Tja, wie heißt es schön: Träume sind Schäume und manchmal werden sie auch wahr. Wenigstens ein kleiner Höhepunkt in der heurigen Oster-Ruhe, im Corona-Lockdown. Wenn wir schon nicht mit Familie und Freunde feiern dürfen, dann dürfen wir wenigstens wandern. Zu zweit, aus dem gleichen Haushalt, ganz normal. Und ich gehe jetzt beschwingt weiter, hatte ich mein Gipfelerlebnis.
Und atemberaubende Ausblicke. Der kalte Tag bietet wirklich eine umwerfende Fernsicht. Und jetzt freue ich mich sogar über das Sonne-Wolken-Spiel.
Über felsiges Gelände geht es bergab Richtung Oberleis. Wir folgen dem Höhenweg. Hier sehe ich zum ersten Mal einen Wacholder. Zwar noch grün, aber am Strauch. Witzig, kenne ich sonst nur schwarz in der Küche oder flüssig als Gin im Gin-Tonic. Oh, ich träume schon wieder, ein Gin-Tonic mit einer Gurke in der Markthalle in Rotterdam. Gut, dieser Traum wird sich heute nicht mehr erfüllen.
Ein kleiner Wunsch, heute noch schöne Blumen am steppenartigen Trockenrasen fotografieren zu können, erfüllt sich. Ich bin im Kuhschellen-Paradies. Und Chef tritt von einem Fuß auf den anderen. Immerhin steht er wartend in der Kälte am Berg. Gut, ich beeile mich ja schon.
Nun geht der Weg in einem spitzen Winkel zurück nach Niederleis. Noch sieht man das Schild aber gut. Somit haben wir den Rückweg nicht verpasst und sehen schon bald wieder das Schloss Niederleis.
Ein Blick zurück zeigt uns, dass wir heute hoffentlich noch vor dem Regen zum Auto kommen.
Und jetzt geht es nach Hause. Abends gibt es aus meinem Krisenkochbuch Faschierte Laibchen, nur diesmal aus Wildfaschiertem vom gestrigen Markt der Erde.
Übrigens, wir waren circa 3 ½ Stunden mit einer kurzen Tee- und vielen Fotopausen unterwegs.
Der gesamte Weg war ca. 8,5 Km bei rund 229 Höhenmetern.
Weitere Beschreibung und Karte unter https://www.naturpark-leiserberge.at/a-niederleis-buschberg-runde . Wer, wie wir Großstadtwanderer ohne technischen Firlefanz unterwegs sein will, kann sich die Strecke vorab verinnerlichen und vor Ort recht gut den Taferln folgen.
Unsere allgemeinen Wandertipps: Großstadtwanderer
Fotos von Fotografin Renate
Wien, 04.04.2021